Wir gehen den Mond unter der Brücke suchen. Viel haben wir noch nicht gemeinsam. Nur die Zukunft und eine Verabredung zum Mond. Du kannst mit ihm tanzen. Ich seh dir zu, an den Pfeiler gelehnt. Der Mond spiegelt sich in der Schneedecke, sage ich und du nimmst mir nicht übel, dass ich ohne Not lüge. Hinter meinem Rücken steigt der Mond in den Fluss. Ich kann dein Lied sehen.
Ich tanze so gern mit dir im Schnee, werde ich Wochen später sagen. Du wirst mir Lieder schenken, damit ich sie trage. Zwischen uns fallen flach die Kristalle. Du darfst mich vertonen, werde ich sagen, obwohl du so viel Entfernung brauchst und ich so viel Rot.
Wie lange noch, frage ich, als du mich in den Kreis holst. Wir haben noch nie eine Uhr gehabt. Nicht mal am Anfang. Wir raten. Wir laufen. Wir tanzen. Manchmal sind wir uns Mond. Der lacht hinter halb vorgehaltener Hand. Es ist so weit, sagst du, und wir tanzen den Kopf im Nacken. Bis wir unter der Brücke stehen. Über meinen Kopf hinweg siehst du, wie der Mond in Deckung geht, mein Rücken warm.
So werden wir oft stehen, der Größe nach. Ich werde sagen: genau hier. Wochen später wirst du die Schneeflocken aufs Sterben vorbereiten, bevor ich sie trinke. Wie kann es nicht dunkel werden. Es ist eine gute Zeit zum Schmelzen. Ich denke an dich in Temperaturen. In Gegensätzen. Das Licht ist kalt, das Wasser warm. Monde später werden wir uns anvertrauen. Ich kann dein Lied sehen, wirst du sagen. Ich tanze dazu. Schön, wirst du sagen. Ich küsse dich auf die Augen. Schön, dass der Spiegel schmilzt.
Totale Phase im Literaturradio.at
Aufnahme:
TITTANIC beim Zürcher Theater Spektakel 2008
Stimme: Ulrike Ulrich